Stellungnahme der Verfasser_innen des Offenen Briefes gegen die Vortragseinladung von Rainer Wendt an die Goethe-Universität Frankfurt
Die Stellungnahme mit aktualisierten Informationen und Kontext gibt es hier
30. Oktober 2017
Der für den 26. Oktober 2017 im Rahmen der Vortragsreihe des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam als Eröffnung geplante Vortrag von Rainer Wendt zum „Polizeialltag in der Einwanderungsgesellschaft“ wurde von den Organisator_innen abgesagt. Anders als in einigen Pressedarstellungen behauptet und von der Deutschen Polizeigewerkschaft auf ihrer Website nahegelegt, war die Absage allerdings keine Reaktion auf unseren Offenen Brief. Vielmehr erfolgte die Absage – wie man uns auf Nachfrage mitteilte – im Rahmen einer inhaltlichen Neuausrichtung der gesamten Reihe, die auch zur Absage weiterer geplanter Vorträge geführt hat. Der Vortrag war demnach bereits abgesagt, als wir am Montag unseren Offenen Brief übermittelten. Dass der Vortrag von Rainer Wendt abgesagt wurde, begrüßen wir jedoch mit Nachdruck, denn darin lag das Ziel unserer Initiative.
Wir halten es nicht nur für richtig und legitim, sondern auch für notwendig, in dieser Form in den gesellschaftlichen Diskurs zu intervenieren, um dem Rechtsruck in Deutschland entgegenzuwirken. Um es deutlich zu sagen: Ein Offener Brief stellt keine Einschränkung der Meinungsfreiheit dar, sondern ist selbst ein elementarer Bestandteil einer demokratischen Öffentlichkeit. Durch die Absage eines Vortrags von Seiten der Veranstalter_innen ist das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht tangiert. Rainer Wendt macht von eben seinem Recht auf freie Meinungsäußerung aktuell, auch in dieser Angelegenheit, ausreichend Gebrauch.
Von einem Angriff auf die Meinungsfreiheit und von „Denkverboten“ zu sprechen, ist gefährlich, denn es legt nahe, dass rechte Positionen im öffentlichen Diskurs unterrepräsentiert oder benachteiligt seien. In öffentlichen Diskussionen ist Rainer Wendt hingegen nicht unter-, sondern überrepräsentiert. Im Unterschied zu vielen marginalisierten Gruppen – etwa Geflüchteten und Migrant_innen – hat Rainer Wendt das Privileg, dass seine Stimme sehr wohl gehört wird und zu politischen Konsequenzen führt. Derzeit leistet er mit seiner Stimme Vorurteilen und diffusen Ängsten gegenüber ganzen Personengruppen Vorschub und trägt dazu bei, dass sehr rechte bis rechtsextreme Positionen in Deutschland wieder anschlussfähig an den gesellschaftlichen Mainstream werden.
An der Goethe-Universität werden seit Jahren in vielen Disziplinen intensive und kontroverse Debatten zu Fragen von Migration, Flucht und Integration geführt. Dem eigenen Selbstverständnis und ihrem offiziellen Leitbild nach wendet sich die Goethe-Universität ausdrücklich „gegen Rassismus, Nationalismus und Antisemitismus“. Die Universität darf nicht zu einem Ort werden, an dem es zu pauschaler Stimmungsmache gegen bestimmte Menschengruppen kommt. Auf der Seite von Demokratie und Menschenrechten werden wir daher auch in Zukunft gegen Diskriminierung und pauschale Vorurteile entschieden Position beziehen.
- Prof. Dr. Bernd Belina (Institut für Humangeographie, Goethe-Universität)
- Dr. Robin Celikates (University of Amsterdam/Institut für Sozialforschung, Frankfurt)
- Marie Diekmann (Institut für Sozialforschung, Goethe-Universität)
- Sarah Dionisius (Institut für Soziologie, Goethe-Universität)
- Dominik Feith (Institut für Soziologie, Goethe-Universität)
- Dr. Sabine Flick (Institut für Soziologie, Goethe-Universität/Institut für Sozialforschung Frankfurt)
- Dr. des. Andreas Folkers (Institut für Soziologie, Goethe-Universität Frankfurt)
- Norbert Fröhler (Universität Bamberg, Fachgruppe Soziologie)
- Dr. Dorothea Gädeke (Leibnizforschungsgruppe „Transnationale Gerechtigkeit“, Goethe-Universität)
- Julia Gasterstädt (Fachbereich Erziehungswissenschaften, Goethe-Universität)
- Dr. Felix Hauf (Institut für Politikwissenschaft, Goethe-Universität)
- Franziska Haug (Institut für Deutsche Literatur und ihre Didaktik, Goethe Universität)
- Dr. des. Jonas Heller (Institut für Philosophie, Goethe-Universität)
- Katharina Hoppe (Institut für Soziologie, Goethe-Universität)
- Prof. Dr. Rahel Jaeggi (Institut für Philosophie, Humboldt Universität zu Berlin)
- Ronan Kaczynski (Leibniz-Forschungsgruppe „Transnationale Gerechtigkeit“, Goethe-Universität Frankfurt)
- Anna Kellermann (Studentin, Goethe-Universität)
- Darja Klingenberg (Institut für Soziologie, Goethe-Universität)
- Prof. Dr. Sören Krach (Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität Lübeck)
- Lukas Kübler (Institut für Philosophie, HU Berlin)
- Jenny Künkel (Institut für Humangeographie, Goethe-Universität)
- Simon Ledder (Bereich Soziologie und Politik der Rehabilitation, Disability Studies; Universität zu Köln)
- Sarah Lenz (Institut für Soziologie, Goethe-Universität)
- Dr. des. Kristina Lepold (Institut für Philosophie, Goethe-Universität)
- Prof. Dr. Daniel Loick (Fachbereich Gesellschaftswissenschaften, Goethe-Universität)
- Dr. Carmen Ludwig (Institut für Politikwissenschaft, Universität Gießen)
- Dr. Michael Mai (Universität Göttingen)
- Dr. des. Marina Martinez Mateo (Institut für Philosophie, Goethe-Universität)
- Carolin Mezes (Goethe-Universität)
- Sarah Mühlbacher (Institut für Sozialforschung an der Goethe-Universität Frankfurt)
- Johanna M. Müller (Humboldt Universität Berlin)
- Mirjam Müller (Humboldt Universität Berlin)
- Dr. Daniel Mullis (HSFK Frankfurt)
- Esther Neuhann (Leibniz-Forschungsgruppe „Transnationale Gerechtigkeit“, Goethe-Universität Frankfurt)
- Friedemann Neumann (Institut für Ethnologie, Goethe-Universität Frankfurt)
- Dr. Onur Suzan Nobrega (Institut für Soziologie, Goethe-Universität Frankfurt)
- Dr. Jörg Nowak (Marie Curie Research Fellow, School of Politics and International Relations, University of Nottingham)
- Tino Petzold (Institut für Humangeographie, Goethe-Universität)
- Maximilian Pichl (Institut für Öffentliches Recht, Goethe-Universität Frankfurt)
- Lucas Pohl (Institut für Humangeographie, Goethe Universität)
- Almut Poppinga (Institut für Sozialforschung, Frankfurt)
- Rafaela Rau (Institut für Geographie, Universität Hamburg)
- Dr. des. Eva von Redecker (Institut für Philosophie, HU Berlin)
- Dr. Matthias Rodatz (Institut für Humangeographie, Goethe-Universität)
- Cara Röhner (Institut für Öffentliches Recht)
- Max Rudel (Europäische Akademie der Arbeit in der Universität Frankfurt am Main)
- Jonas Rüppel (Institut für Soziologie, Goethe-Universität)
- Dr. Eva Sänger (Institut für Soziologie, Goethe-Universität)
- Dr. Sebastian Schipper (Institut für Humangeographie, Goethe-Universität)
- Sarah Schmitz (Institut für Soziologie, Goethe-Universität)
- Laura Schnieder (Institut für Soziologie, Goethe-Universität)
- Melanie Schreiber (Institut für Soziologie, Goethe-Universität)
- Katrin Singer (Institut für Geographie, Universität Hamburg)
- Julian Stenmans (Institut für Humangeographie, Goethe-Universität)
- Vanessa E. Thompson (Institut für Soziologie, Goethe-Universität)
- Dr. Felix Trautmann (Institut für Sozialforschung, Frankfurt)
- Dr. Frieder Vogelmann (Institut für Interkulturelle und Internationale Studien, Universität Bremen)
- PD Dr. Stefan Vogt (Fachbereich Theologie, Goethe-Universität)
- Dr. des. Alexander Vorbrugg (Institut für Humangeographie, Goethe-Universität)
- Dr. phil. Roland Wagner (freiberuflich, Frankfurt am Main)
- Klaus Walter
- Felix Wiegand (Institut für Humangeographie, Goethe-Universität Frankfurt)
- Dr. Claudia Wucherpfennig (Institut für Humangeographie, Goethe-Universität)
- Philip Wallmeier (Exzellenzcluster Normative Orders)