Marx in Hessen

Tagung anlässlich des 200. Geburtstags von Karl Marx

21.-22. April 2018, Goethe-Universität Frankfurt/M., Seminarhaus, Max-Horkheimer-Straße

Am 5. Mai 2018 jährt sich der Geburtstag von Karl Marx. Marx gehört ohne Zweifel zu den bedeutendsten Wissenschaftlern, mit seinen kritischen politischen und ökonomischen Analysen hat er wesentlich zum Verständnis kapitalistischer Verhältnisse beigetragen. Die politischen Initiativen, die von ihm ausgingen, waren ein bedeutender Beitrag zur Demokratie in Deutschland und zur Entstehung der Arbeiterbewegung. Sein Werk ist bis heute umstritten. Wird seine Theorie von den einen weiterhin als Grundlage auch für das Verständnis der heutigen Gesellschaft und ihrer Herausforderungen gesehen, so wird von anderen dieses Erbe zurückgewiesen, nicht nur, weil die Theorie wissenschaftlich nicht haltbar sei, sondern weil sie zum Totalitarismus des 20. Jahrhunderts beigetragen habe. Durch den historischen Zufall, dass maßgebliche Vertreter der Kritischen Theorie nach dem Nationalsozialismus nach Frankfurt zurückkehrten und Wolfgang Abendroth einen Lehrstuhl in Marburg annahm, spielten die hessischen Universitäten im Nachkriegsdeutschland eine besondere Rolle in der Wiederentdeckung und Wiederbelebung des Marxschen Werkes.In der Frankfurter und in der Marburger Schule hatte der Bezug auf die Marxsche Theorie große Bedeutung. Nach 1968 kam es infolge der studentischen Protestbewegung und der Herausbildung der Neuen Linken zu einer vergleichsweise breiten Rezeption der Marxschen Theorie und zu einer wissenschaftlichen und organisationspolitischen Auffächerung marxistisch orientierter Praxen. Die Neulektüre der Werke von Marx führte zu vielfältigen Analysen kapitalistischer Gesellschaftsformationen und unterschiedlicher Formen von Herrschaft, zur Gründung von Zeitschriften, Verlagen und politischen Organisationen. Einrichtungen wie das Institut für marxistische Studien und Forschungen (IMSF) oder das Sozialistische Büro waren in Hessen beheimatet. Vieles ist längst Geschichte. Doch es entsteht auch immer wieder Neues, das mit der Marxschen Theorie verbunden ist. Sie steht für die Emanzipation von gesellschaftlichen Naturzwängen, die Herstellung der sich bewussten Menschheit und die Möglichkeit der Versöhnung mit der Natur. Die Tagung stellt sich die Aufgabe, nicht nur an die Marxsche Theorie und die Geschichte des Marxismus in Hessen zu erinnern, sondern vor allem ihre Aktualität zu diskutieren, um jenen kategorischen Imperativ einzulösen, den der junge Marx formuliert hat: alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, geknechtetes, verlassenes, verächtliches Wesen ist.

Veranstaltet von Bernd Belina (Institut für Humangeographie, Goethe-Universität Frankfurt/M.) und Alex Demirović (Institut für Soziologie, Goethe-Universität Frankfurt/M.) in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung Hessen, der Rosa-Luxemburg-Stiftung (Berlin), der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Hessen, der Assoziation für kritische Gesellschaftsforschung, dem Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, der Redaktion des  ‚express. Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit‘ und der Redaktion der ‚Z. Zeitschrift Marxistische Erneuerung‘.

Programm

Programm als pdf (Stand 18.04.2018)

Samstag, 21.4.

10:00-10:15 BEGRÜSSUNG

10:15-12:00 Uhr EMANZIPATION, DEMOKRATIE UND MARX: RÜCKBLICK UND AUSBLICK

Frank Deppe (Philipps-Universität Marburg): Marxismus in Hessen – Rolle und Selbstverständnis der „Marburger Schule“
Joachim Hirsch (Goethe-Universität Frankfurt/M.): Marx in Hessen – ein komplexes und umkämpftes Feld
Moderation: Alex Demirović (Goethe-Universität Frankfurt/M.)

13:00-15:00 Uhr POLITISCHE IMPLIKATIONEN DER MARXSCHEN THEORIE UND WEITERENTWICKLUNGEN DER HERRSCHAFTSKRITIK

Panel 1: Umstrittene Interpretationen der Marxschen Theorie und ihre politischen Implikationen
David Salomon (Universität Hildesheim): Das Politische an der Kritik der politischen Ökonomie
Nadja Rakowitz (Redaktion Express. Zeitschrift für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit): Darstellung als Kritik – politische Implikationen der Wert und Geldkritik
Moderation: Thomas Sablowski (Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin)

Panel 2: Herrschaftsverhältnisse: Zusammenhänge von Klassenherrschaft, Sexismus und Rassismus
Kirsten Huckenbeck (Redaktion Express. Zeitschrift für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, Frankfurt University of Applied Sciences): Gesellschaft oder Identität
Serhat Karakayali (Humboldt-Universität Berlin): tba
Silvia Kontos (Hochschule RheinMain): tba
André Leisewitz (Redaktion Z. Zeitschrift Marxistische Erneuerung): Aktualität der Klassentheorie
Moderation: Slave Cubela (Redaktion Express. Zeitschrift für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit)

15:30-17:30 Uhr STAAT, RAUM, POLITIK

Panel 1: Staat und Recht
Andrea Maihofer (Universität Basel): Zur Aktualität von Marx’ Verständnis der Menschenrechte und die Idee eines pluralen Universalismus
John Kannankulam (Phillips-Universität Marburg): Zu Marx‘ Kritik des bürgerlichen Staates und seinen radikaldemokratischen Grundlagen
Sonja Buckel (Universität Kassel): Schluss mit dem Recht oder radikale Transformation?
Moderation: Simone Claar (Universität Kassel)

Panel 2: Raum und Politik
Jens Wissel (Frankfurt University of Applied Sciences): Globalisierung und Klassenkampf
Janine Wissler (Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Hessischen Landtag): tba
Bernd Belina (Goethe-Universität Frankfurt/M.): Wo wird rechts gewählt?
Moderation: Tino Petzold (Goethe-Universität Frankfurt/M.)

18:00-20:00 Uhr KAPITALISMUS ALS WELTSYSTEM UND DIE POSTKOLONIALE KONSTELLATION

Panel 1: Kontroversen zu Marx‘ ungeschriebenen Büchern über Außenhandel und Weltmarkt – von den klassischen Imperialismustheorien zur Globalisierungsdiskussion
Jörg Goldberg (Redaktion Z. Zeitschrift Marxistische Erneuerung): Marx‘ Kapital, der Weltmarkt und der Kapitalismus des Südens
Thomas Sablowski (Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin): Zur Analyse der Internationalisierung des Kapitals und der ungleichen Entwicklung
Moderation: Nadja Rakowitz (Redaktion Express. Zeitschrift für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit)

Panel 2: Postkoloniale Konstellation und imperiale Lebensweise
Encarnación Gutiérrez Rodríguez (Universität Gießen): Ursprüngliche Akkumulation
Ulrich Brand (Universität Wien): Imperiale Lebensweise als Aktualisierung Marx´schen Denkens und Herausforderung für emanzipatorische Politik
Stefan Gandler (UNAM Mexiko): Unvollkommene Verdinglichung. Formen des Alltagsbewusstseins außerhalb der kapitalistischen Zentren
Moderation: Ellen Bareis (Hochschule Ludwigshafen)

Sonntag, 22. April 2018

10:00-12:00 Uhr VERSÖHNTE MENSCHHEIT: EMANZIPATORISCHE PERSPEKTIVEN UND DIE HANDELNDEN SUBJEKTE

Hans Jürgen Urban (Geschäftsführender Vorstand der IG Metall): Globaler Kapitalismus – fragmentierte Linke? Über Defizite und Optionen mosaiklinker Verständigung
Alex Demirović (Goethe-Universität Frankfurt/M.): Organische Intellektuelle und die „wirkliche Bewegung“
Moderation: Rainer Rilling (Rosa Luxemburg Stiftung, Berlin)

12:30-14:30 Uhr ABSCHLUSSPANEL: NACH UNS DIE ZUKUNFT

mit Felix Wiegand (Goethe-Universität Frankfurt/M.), Anne Tittor (Friedrich-Schiller-Universität Jena), Jenny Simon (Universität Kassel), Jenny Künkel (Humboldt-Universität Berlin), Bettina Gutperl (Studierendenverband DIE LINKE. SDS) und Rhonda Maria Koch (Studierendenverband DIE LINKE. SDS).
Moderation: Iris Dzudzek (Goethe-Universität Frankfurt/M.)

Schreibe einen Kommentar